Agile Verwaltung: Gibt es Verlierer beim Personal?

Fachkräftemangel Kommunalverwaltung Arbeitgeberattraktivität
Rolf Dindorf

Das Organisationsprinzip ‚agile Verwaltung‘ steht hoch im Kurs. Mehr Agilität für Teams und öffentliche Einrichtungen, mehr Innovationsfähigkeit, mehr Mitarbeitermotivation, mehr Projektarbeit…

Agile Verwaltung: Das Totenglöckchen für Routinearbeiter?

Bei aller Euphorie über das aktuell gefeierte Organisationsprinzip ‚agile Verwaltung‘ muss berechtigterweise auch nach den Verlierern den neuen Ansatzes gefragt werden. Dies mag nicht populär sein doch zur Ausgewogenheit maßgeblich.

Ein Patentrezept für die agile Transformation einer kompletten Stadtverwaltung gibt es nicht. Eher ist davon auszugehen, dass es zwei Betriebssysteme in der Kommunalverwaltung geben wird.
Ein Organisationsteil arbeitet den profanen Verwaltungsbereich fehlerfrei, zuverlässig und ohne Experimente ab. Welcher Bürger möchte schließlich einen Beta-Bescheid erhalten?
Der andere Organisationsteil in der Kreisverwaltung arbeitet mit SCRUM, Kanban, Design Thinking, Hackathons usw. Klingt harmlos und plausibel. Doch welcher Bereich übt wohl die größere Anziehungskraft aus? Wer zählt sich im agilen Alltag einer Landesverwaltung vor diesem Hintergrund zu den Gewinnern/Verlierern?

„Nicht an das Standardisierte und Regulierte heften sich die Hoffnungen, das Interesse und die Anstrengungen von Institutionen und Individuen, sondern an das Einzigartige, das Singuläre“, schreibt Professor Reckwitz in seinem lesenswerten Buch „Die Gesellschaft der Singularität“ (Berlin 20020, S. 7).
Einzigartig und singulär sind Projektarbeit, Fehlerkultur, Innovationsbereitschaft, Retrospektiven, Lean Coffees etc. im agilen Sektor einer Rentenversicherung. Da gewinnt man Prestige, stärkt die intrinsische Motivation, gewinnt an Einfluss, …

Doch der Fallstrick droht jenen Mitarbeitenden in öffentlichen Einrichtungen, die für Stabilität, Verbindlichkeit und Umsetzung der Vorgaben arbeiten. Eben jenes Standardisierte und Regulierte, dass kein Sozialprestige verheißt. Bürgercenter, Führerscheinstelle, Standesamt, Förster, Krankenpflegerin, Friedhofsgärtner, Hausmeisterin, …
In diesen systemrelevanten Berufen ist wenig Prestige zu gewinnen. Verfolgt man die Diskussion um die agile Verwaltung stehen diese Berufsgruppen selten im Blick. Löbliche Ausnahme: startup-bauhof Herrenberg.

Agile Verwaltung im Gleichklang mit strategischem Personalmanagement

Agilität im öffentlichen Sektor muss ganzheitlich gedacht werden. Ein strategisches Personalmanagement muss potentielle Gewinner und Verlierer berücksichtigen.

  1. Eben jene Mitarbeitenden beispielsweise in der öffentlichen Hand, die über keine oder unzureichende Digitalkompetenzen verfügen. Sie müssen Fort- und Weiterbildungsangebote passgenau angeboten bekommen.
  2. Oder jene Mitarbeitenden in der Sozialversicherung, die nicht oder nur selten im Homeoffice arbeiten können. Auch diesen Beschäftigten muss durch ein Personalentwicklungskonzept eine Perspektive und der Sinn agilen Arbeitens in der Kommunalverwaltung aufgezeigt werden.
  3. Auch jene Beschäftigten sind durch eine strategisch verankerte Personalentwicklung zu begleiten, die mit neuen Freiräumen für selbstbestimmtes Arbeiten nicht umgehen können oder wollen.

Fazit:
Damit die Einführung und dauerhafte Umsetzung der agilen Verwaltung in der öffentlichen Hand gelingt muss der Organisationsansatz personalpolitisch umfassend gedacht werden. Damit alle Mitarbeitenden im Gleichklang rudern ist durch ein strategisches Personalmanagement ein Auseinanderfallen in Gewinner und Verlierer zu vermeiden.

Photo: iStock (c)

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