Die Interviewreihe „Strategische Personalentwicklung im öffentlichen Dienst“ – heute mit Franz-Reinhard Habbel

Rolf Dindorf

 

Franz-Reinhard Habbel
(c) Franz-Reinhard Habbel

Der Fachkräftemangel bedroht in den nächsten Jahren die Kommunalverwaltungen ebenso wie Regierungsbehörden oder Landesämter.
Doch wie sieht es aus mit der Arbeitgebermarke Regierungsbehörde? Kennt das räumliche Umfeld überhaupt die Institution? Häufig sind kommunale Arbeitgeber, Landesämter oder Wasserschifffahrtsbehörden nicht im Kopf der Bewerber. Zur langfristigen Sicherung einer robusten kommunalen Verwaltung wird die strategische Personalarbeit dringend auszubauen sein.

„4 Fragen zur strategische Personalentwicklung im öffentlichen Dienst“ greift die Diskussion auf. Praktiker nehmen dazu kurz und knackig Stellung.

1. Wie beurteilen Sie die strategische Personalentwicklung in den Kommunen?
In den nächsten Jahren werden die Aufgaben der Kommunen bedeutungsvoller und vielfach auch komplexer. Um die Aufgaben zu bewältigen, bedarf es eines qualifizierten Personals. Dafür müssen entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen werden. Die Digitalisierung wird den notwendigen Veränderungsprozess extrem beschleunigen. Arbeit 4.0 wird Hierarchien abbauen und Kollaboration fördern. Arbeitsinhalte, Arbeitsorte und Arbeitsformen ändern sich. Diese Veränderungen greifen tief in die Strukturen der Organisation ein. Dynamisierung und Flexibilität sind hier zwei wichtige Stichworte.
In mittleren und großen Verwaltungen sind Mitarbeiterportale eine wichtige Plattform zum Austausch. Um den neuen Anforderungen gerecht zu werden, ist die strategische Personalentwicklung von großer Bedeutung. Alle Behörden brauchen umfassende Personalentwicklungskonzepte bzw. -pläne. In den kommenden zehn Jahren werden mehr als 25 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter altersbedingt ausscheiden.
Dringend notwendig ist eine Kampagne zur Gewinnung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Auch bei den Arbeitsorten sollten neue Wege ausprobiert werden. Co-Working für den öffentlichen Dienst ist durchaus eine interessante Alternative zu herkömmlichen Büroflächen. In Berlin wird dieses Thema gerade angegangen. Der Katalog der Maßnahmen ist groß. Dazu zählen auch Online-Bewerbungstools oder eine Modernisierung der Verwaltungsausbildung.

2. Gibt es nennenswerte Leuchttürme bei den Kommunen?
Städte wie Ulm, Köln oder Arnsberg haben sich frühzeitig auf die veränderte Situation eingestellt. Sie investieren u.a. in die Fortbildung junger Fachkräfte. Notwendig sind nicht nur Leuchttürme, sondern eine flächendeckende Vorgehensweise. So hat das Land Schleswig-Holstein eine Kampagne zur Gewinnung neuer Verwaltungskräfte gestartet. Nicht nur in Stellenportalen, sondern auf Werbeflächen von Bussen des Regionalverkehrs wird offensiv für den öffentlichen Dienst geworben.
Staat und Kommunen müssen sich mit ihren Aufgaben nicht verstecken. Sie sind ein attraktiver Arbeitgeber, auch wenn bei den Gehältern insbesondere für Fachkräfte und IT-Experten oder Ingenieuren wesentlich mehr getan werden muss, um die Anschluss an die Wirtschaft nicht zu verlieren.

3. An welchen Stellschrauben kann in der öffentlichen Verwaltung zur Verbesserung der Personalgewinnung gedreht werden?
Die öffentliche Hand muss mehr Marketing für gutes Personal machen. Hier haben wir große Defizite. Verwaltungen müssen zum Beispiel in die Schulen oder Ausbildungseinrichtungen gehen, um dort für den öffentlichen Dienst zu werben. Es geht nicht nur um einen weitgehend sicheren Arbeitsplatz, sondern um spannende und sinnstiftende Aufgaben.
Für die Gemeinschaft zu arbeiten, Ideen einzubringen wie zum Beispiel die Infrastruktur verbessert werden kann, wichtige Politikfelder wie Mobilität, Bildung, Gesundheit, Energie und Sicherheit weiter zu profilieren, sich für eine verbesserte Lebensqualität der Menschen vor Ort einzusetzen, das sind Ziele, die der Arbeit Sinn geben und den einen oder anderen auch begeistern können. Diese Elemente müssen stärker in den Mittelpunkt gestellt werden. Kommunen müssen um attraktive Fachkräfte offensiv werben. Dabei sollten sie sich auch von Experten unterstützen lassen.

4. Was zeichnet aus Ihrer Sicht eine moderne Verwaltung 4.0 aus?
Eine moderne Verwaltung stellt die Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen vor Ort in den Mittelpunkt ihrer Arbeit. Alle Verwaltungsprozesse die digitalisiert werden können, werden dann digital sein. Das Online-Rathaus ist 24 Stunden geöffnet.
Nicht die Ämter und Abteilungen stehen im Vordergrund, sondern die Vernetzung. Teamarbeit macht ganzheitliches Arbeiten möglich. Zwischen Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft entsteht eine neue Balance. Die Wissenspotenziale der Menschen vor Ort werden intensiv für neue Ideen und die Umsetzung von Projekten genutzt. Die Zivilgesellschaft wird zum Co-Produzenten.
Neben Recht und Finanzen werden Daten zu dritten Ressource der Steuerung. Um die umfangreichen Datenbestände der Kommunen für ein vorausschauendes Government zu nutzen bedarf es allerdings einer Modernisierung des Datenschutzes. Hiermit sollte schnell begonnen werden.

Porträt:
Franz-Reinhard Habbel arbeitete bis 2017 als Sprecher und Beigeordneter beim Deutschen Städte- und Gemeindebund. Heute ist er als Publizist und Autor tätig und Gründer des KOMMUNAL.HUB.

Vielen herzlichen Dank für die Beantwortung der Fragen
Rolf Dindorf


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