Das Interview mit Bürgermeister Heppe: Corona und die Digitalisierung in Eschwege

Alexander Heppe
Rolf Dindorf

Plötzlich Digitalisierung? Die Corona-Herausforderung mischt die digitalen Karten neu. Jahrelang diskutiert und wenig praktiziert in Kommunalverwaltungen führt die aktuelle Krisenlage zum deutlichen Ausbau digitaler Infrastruktur. Einen spektakulären Boom erlebt die Büroarbeit im Homeoffice. Das Arbeiten in den eigenen vier Wänden stand bisher nicht im Fokus des strategischen Personalmanagements öffentlicher Einrichtungen. Daher mangelt es auch an Erfahrungen, wie man damit umgeht. Doch was heißt die Corona-Krise konkret für die Kommunalverwaltungen vor Ort? Praktiker nehmen dazu kurz und knackig Stellung.
Heute mit Alexander Heppe, Bürgermeister der Kreisstadt Eschwege

  1. Wie ist die Lage derzeit in Ihrer Gemeindeverwaltung? (Stichworte z.B. Arbeitszeitrahmen, veränderte Verwaltungsabläufe)
    Oberste Maxime war es, auch in Pandemiezeiten die gesamte Dienstleistungspalette der Stadtverwaltung und des Konzerns Stadt aufrecht zu erhalten. Wir haben in einem ersten Schritt systemkritische Dienstleistungen identifiziert und die dort erforderlichen Bereiche und Mitarbeiter besonders geschützt. Wir arbeiten konsequent getrennt voneinander in Einzelbüros, je nach Bedarfsfall (Betreuungsengpässe, Schulausfall der Kinder etc.) können die Fachbereichsleiter flexibel reagieren und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für mobiles Arbeiten nach Hause gehen lassen. Eingeführt und bewährt hat sich auch der Bürgerservice nach vorheriger digitaler Terminvergabe.
  2. Wie viele Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung arbeiten derzeit im Homeoffice? Wie sind die ersten Erfahrungen mit dem Arbeiten im Homeoffice?
    Wir unterscheiden zwischen Home Office und mobilem Arbeiten. Ersteres ist ein „echter“ Arbeitsplatz, der in den Räumen des Beschäftigten eingerichtet und von diesem betrieben wird. In der Pandemie bieten wir darüber hinaus mobiles Arbeiten an, d. h. wir haben einen Großteil der bisher bestehenden Desktop-Geräte gegen Notebooks getauscht und halten eine größere Zahl an VPN Verbindungen aufrecht, damit die Mitarbeiter auf ihre jeweiligen Fachverfahren und Anwendungen zugreifen können. Einige der Anwendungen laufen bereits webbasiert über ein Rechenzentrum, diese könnten von jedem Mitarbeiter genutzt werden. In dringenden, plötzlichen Fällen geht auch ein „Mobiles Arbeiten light“, d. h. lediglich Terminverwaltung, Telefonie und schriftliche Korrespondenz nebst Arbeiten mit den Standard-Office-Anwendungen.
  3. Aus der Not eine Tugend machen: Kommt jetzt das Ende der Papierverwaltung? Wird jetzt das kommunale Leben vollends digital?
    Corona ist da auf jeden Fall ein erheblicher Beschleuniger, wobei wir schon vorher einen größeren Teil digitalisiert hatten. Rechnungsworkflow, Sitzungsdienst mit Gremienarbeit, öffentliche Darstellung des Haushaltsplans, Anmeldung zu Ferienspielen, Bebauungspläne und diverse Bürgerservices konnten bei uns bereits digital abgebildet werden. Die Einführung der E-Akte ist der nächste Schritt, der jedoch sorgfältig vorbereitet sein muss, Stichwort Aktenplan, Digitalisierung/Archivierung von Altakten etc. Jedoch empfinde ich und ein großer Teil der Mitarbeiter den aktuellen Digitalisierungsschub als wesentliche Entlastung, insbesondere von kleinteiliger Arbeit, die bislang Ressourcen verbraucht hat. Das Abbilden von Prozessen in digitaler Form schafft auch Sicherheit und führt zu einer Standardisierung und damit auch Vereinfachung der Sacharbeit.
  4.  Wann ist es aus Ihrer Sicht auch mal sinnvoll analog unterwegs zu sein?
    Es gibt Bereiche, in denen es direkten Kontakt und auch Papier bedarf. Gerade bei Planungsprozessen, Strategieentwicklungen und Beteiligungsprozessen ist dies unerlässlich, hier kann ein digitales Begleiten aber zielführend sein. So haben wir z. B. den Beteiligungsprozess beim Stadtumbau-Förderprogramm digital begleitet, nachzulesen unter www.eschwege-mitgestalten.de
  5. Ein Blick in die optimistische Glaskugel: Was wird sich aus Ihrer Sicht nach der Corona-Krise in der Stadt Eschwege verändern?
    Wir werden unsere Zielsetzungen für Online-Dienstleistungen schneller erreichen. Beteiligung erfolgt zu gleichen Teilen online und offline. Es gibt ein digitales Anliegen-Management. Der Zusammenhalt wird gestärkt, weil das Bespielen verschiedenster Kanäle (Print, Digital, Social Media) mehr Nutzergruppen und Bürger erreicht und diese zum Mitgestalten anregt. Der Wert der Dienstleistungen, die eine Kommune vorhält, wird noch mehr wertgeschätzt, denn es sind die Kommunen, die in einer Krise sprichwörtlich „den Laden am Laufen halten“. Eschwege wird Mitmach-Stadt!

Vielen herzlichen Dank für die Beantwortung der Fragen
Rolf Dindorf

Bild: (c) Alexander Heppe


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